Die Software Therm kann bei LBNL heruntergeladen werden. Sie ist kostenlos und eignet sich zur Berechnung von Wärmebrücken. Therm rechnet korrekt nach DIN EN ISO 10211-1.
Therm ist englisch. Zur aktuellen Version 5.2 gibt es kein Handbuch. Empfehlenswert ist aber das Handbuch der Version 2.0 (Therm 2.0 User's Manual). An der Benutzeroberfläche von Therm hat sich nichts geändert.
Ein paar klärende Worte zu den Lizenzbedingungen
LBNL erteilt eine gebührenfreie unbefristete Lizenz gegen Angabe persönlicher Daten. Da in meinem Forum wiederholt die Auffassung vertreten wurde, Therm dürfe nur für den privaten Gebrauch, also nicht kommerziell eingesetzt werden, habe ich eine schriftliche Stellungnahme von LBNL eingeholt. Hierzu habe ich folgende Fragen gestellt:
Alle Fragen wurden seitens LBNL mit "Ja" beantwortet. Die letzte Verantwortung für die Richtigkeit der Ergebnisse bleibe jedoch beim Anwender. Die Kernaussage der Nutzungsbedingungen sei, dass lediglich das Programm selbst nicht verkauft werden darf.
Arbeitsschritte bis zum Psi-Wert
1. Modell eingeben
Im folgenden Beispiel soll der Psi-Wert am Übergang Wand/Decke eines Flachdaches ermittelt werden.
Das Zeichnen vertiefe ich hier nicht. Therm ist kein CAD-Programm. Es kann aber leidlich in Therm gezeichnet werden. Zur Verfügung stehen Polygonzüge und Rechtecke. Ein Raster kann eingeblendet werden. Auch mit den Cursortasten und [Enter] kann gezeichnet werden. Zoom-In geht mit der rechten Maustaste, Zoom-Out mit Shift + rechte Maustaste.
Therm importiert außerdem DXF-Files der Versionen R12 und R13. Nur einfache Polygone können importiert werden. Die Polygone dürfen sich nicht überlappen und keine Hohlräume oder Inseln bilden. Gelingt die DXF-Konvertierung nicht, kann die Zeichnung zumindest als "Underlay" zum Drüberzeichnen benutzt werden. Therm fängt die Ecken.
Hinweise zum Modell:
Die Länge der flankierenden Bauteile (hier Regelbauteile Wand und Decke) muss mindestens 1000 mm betragen, d.h. Schnittebenen müssen mindestens 1000 mm vom zentralen Element entfernt sein (DIN EN ISO 10211).
Für Berechnungen im Erdreich sind weitere Maße zu berücksichtigen. Dies würde den Umfang dieser Kurzanleitung sprengen.
Beispiel eines Anschlusses Wand/Flachdach
Die Maße und Beschriftungen dienen der Verdeutlichung,
sie werden in Therm nicht angezeigt.
2. Materialien zuweisen
Den Polygonen müssen Materialien zugewiesen werden. Es empfiehlt sich das Erstellen einer eigenen Bibliothek (Material Library) auf der Basis der DIN 4108 Teil 4. Meine Bibliothek kann hier heruntergeladen werden. Ins Thermverzeichnis kopieren und mit "Libraries/Material Library/Load Lib" einbinden, siehe Bild.
Materialdefinition:
Unter Conductivity ist der Lamdawert einzutragen.
Für fast alle Baustoffe ist der Wert 0.9 für Emissivity richtig.
Unter "Color" kann eine Farbe für die Darstellung ausgewählt werden.
3. Temperatur-Randbedingungen eingeben
Nach Fertigstellen des Modells werden mit F10 die Randbedingungen (Boundaries) zugewiesen. Es müssen alle Ränder bearbeitet werden. Die Schnittebenen bleiben adiabatisch (Grundeinstellung). Adiabatisch heißt, dass durch diese Ebene kein Wärmestrom fließt.
Es empfiehlt sich das Anlegen einer eigenen Bibliothek (Boundary Condition Library). Meine Bibliothek kann hier heruntergeladen werden, Installation mit "Load Lib" wie bei der Material-Bibliothek.
Erstellen von Boundaries:
Therm ist zunächst auf °C umzustellen (rechter Button im Menu).
Unter "Temperature" ist die anliegende Temperatur einzugeben, i.d.R. innen +20°C, außen -10°C.
(für Oberflächentemperaturberechnungen: außen -5°C nach DIN 4108).
Unter "Film Coefficient" ist der Kehrwert des jeweiligen R-Werts einzugeben,
hier für Rsi=0,13 (Wand) ein Film Coefficient von 1/0,13 = 7.692.
Hinweis:
Für Oberflächentemperaturberechnungen empfiehlt die EN ISO 10211 einen Wert von 0,25 für alle Rsi.
4. Zuweisen der Oberflächen für die spätere Auswertung
Damit der Wärmestrom für das Modell berechnet werden kann, müssen die Oberflächen zugewiesen werden. Hierzu müssen in der Library "U-Factor Names", erreichbar im Menu "Libraries", Namen definiert werden, z.B. "innen" und "aussen". Anschließend klickt man alle Ränder doppelt an und weist ihnen eine "U-Factor Surface" zu.
5. Berechnung
Nun kann mit der Taste F9 berechnet werden. Im Menu "Calculation" stehen verschiedene Anzeigeoptionen (Display Options) zur Verfügung.
Anzeigeoptionen Isothermen und Wärmeströme
Im unten stehenden Beispiel wird das Temperaturfeld angezeigt. Es wurde ein Temperaturbereich von -24°C bis +24°C gewählt (hat Einfluss auf die Farbdarstellung).
Nach der Berechnung wird mit Ctrl-F9 das Fenster "U-Factors" aufgerufen.
Man stellt "Total Length" für die einzelnen Oberflächenarten ein und erhält jeweils die Länge der gesamten Abwicklung für "innen" und "aussen". Der Gesamtwärmestrom L2D durch das Modell ist das Produkt aus "U-factor" und "Length". Beide Produkte sind im Rahmen der Rechengenauigkeit von Therm gleich. Was innen hineinströmt, strömt außen heraus.
Damit sind die Arbeiten mit Therm abgeschlossen.
Hinweis:
Wer keine grafische Ausgabe in Therm findet, liegt richtig. Grafiken können nur als Screenshots gewonnen werden (Taste "Druck", Import der Zwischenablage in ein Grafikprogramm).
6. Wärmeströme der Regelbauteile
Der Psi-Wert ist ein Zuschlag/Abschlag auf den Wärmestrom der Regelbauteile, wie er sich aus der EnEV-Berechnung der Hüllfläche ergibt. Dieser Wärmestrom muss nun außerhalb von Therm berechnet werden. Es werden die U-Werte der Regelbauteile und deren zum Therm-Modell äquivalenten Längen benötigt.
U-Wert-Berechnung der Decke mit Excel
U-Wert-Berechnung der Wand mit Excel
Die Längen ergeben sich hier aus der Grafik zu Punkt 1 mit 1,30 m bzw. 1,32 m (analog der EnEV-Hüllflächenberechnung bis zum Schnittpunkt der Außenflächen).
7. Berechnung des Psi-Werts
Der Psi-Wert wird in Analogie zur EnEV-Berechnung außenmaßbezogen ermittelt. Er errechnet sich nach folgender Formel:
Psi = L2D des Modells (U-factor * Length) abzüglich der Summe der Wärmeströme der Regelbauteile (U1*L1 + U2*L2 usw.)
Es spielt keine Rolle, ob der innere oder der äußere Wärmestrom aus Therm verwendet wird, da diese gleich sind.
Psi-Wert-Berechnung mit Excel
aufgestellt: Bruno Stubenrauch, 26.02.2004 / 08.09.2005
info@archifee.de
Literatur:
DIN EN ISO 10211 Teile 1 und 2
DIN 4108
EN ISO 6946